Wie du dir und anderen verzeihst und inneren Frieden findest mithilfe von 4 einfachen Übungen
Kennst du sie auch, diese Unversöhnlichkeiten? Erlebnisse, die dir wieder und wieder durch Kopf, Herz und Bauch gehen? Die dich immer noch aufwühlen, obwohl sie bereits Wochen, Monate oder gar Jahre zurückliegen? Erlebnisse aus deiner Kindheit, die du nicht verzeihen kannst?
Das zieht Kraft, oder? Denn wer nicht verzeihen kann, wer nachtragend ist, der trägt - zum Teil schwer. Hier stelle ich dir meine vier liebsten Übungen, Kraftreisen und Meditationen vor, der es dir leicht machen zu verzeihen.
Wie sich Unversöhnlichkeit auswirkt & warum es beim Verzeihen vornehmlich um deinen eigenen inneren Frieden geht
Wie in wohl jeder Familie gibt es auch in unserer lang zurückliegende Streitigkeiten, die, weil unverzeihlich, zu Unversöhnlichkeiten geworden sind und schließlich zu Kontaktabbrüchen geführt haben. Die Familie ist zerrissen, der Zusammenhalt, der Kraft schenken könnte, ist durchbrochen. Egal wie ich mich verhalte (selbst wenn ich bemüht bin, eine neutrale Position einzunehmen), irgendwem trete ich immer auf die Füße. Ich befinde mich ständig in einem Loyalitätskonflikt, fühle mich eingeschränkt und einer Kraft beraubt, von der ich nicht genau weiß, wie sie zu benennen ist. Eine sehr eindrückliche Erfahrung, die mir schon früh bewusst gemacht hat, wie raumgreifend sich ein nicht verzeihen Können in einem zwischenmenschlichen System ausbreitet und auch Unbeteiligte zu unfreiwillig Beteiligten macht.
Umso trauriger macht es mich, dass auch ich mich dann und wann als unversöhnlich erkenne. Dass auch ich einige Erfahrungen nicht so leicht verarbeiten oder gar verzeihen kann. Dann beobachte ich mich dabei, mich in wiederkehrenden Vorwürfen zu ergehen. Und obwohl ich diese Vorwürfe meist nur innerlich in mir bewege und nicht offen an den vermeintlichen "Täter" herantrage, vergiften sie nicht nur mich, sondern auch die Beziehung zum Auslöser meiner Gedanken und auch meine Beziehung zum näheren Freundes- und Familienumfeld dieser Person.
Überhaupt nehmen meine Vorwürfe, meine unversöhnlichen Gedanken Einfluss auf alle Formen von Beziehungen und schränken damit meine Freiheit und Lebendigkeit, meine Offenheit und Kontaktfreude, mein Vertrauen und meine Neugier stark ein.
Zudem ist durch das ständige Wiederkäuen der ehemals auslösenden Situation ungeheuer viel Gedankenkraft und Energie gebunden, die mir nicht für kreative und lebenslustige Gedanken zur Verfügung stehen.
Und nicht zuletzt macht mich die Haltung, dass es dort einen Schuldigen, einen Täter, gibt und in mir ein Opfer, sehr sehr klein. Wenn ich mich als Opfer empfinde, bin definitiv nicht in meiner Kraft. Nein, dann fühle ich mich hilflos und ausgeliefert. Dann habe ich vergessen, dass ich Gestaltungsmacht habe und bittesehr auch die Verantwortung für mein Lebensglück selbst in der Hand habe. Klar, nicht auf alles, was mir geschieht, kann ich direkten Einfluss nehmen. Doch auf die Art und Weise, wie ich auf eine Situation reagiere, wie ich mit meinen Gefühlen umgehe und was ich aus meinem einschneidenden Erleben mache, das habe ich immer in der Hand.
Zeit also, um mich zu befreien, aus dem Drama auszusteigen, in die Eigenverantwortung zu gehen und zu verzeihen - dem anderen und mir selbst - für mich selbst! Denn beim Verzeihen geht es vor allen Dingen erst einmal darum, meinen eigenen inneren Frieden zu finden und nicht darum, meinen Konterpart zu entlasten oder ihm einen Gefallen zu tun.
Doch wie geht das mit dem Verzeihen? Gibt es dafür ein Rezept? Ja, für mich schon. Wenn es mir auch nicht in allen Situationen gleich leicht fällt, Frieden zu finden und zu schließen.
Mögen dir meine vier Übungen dienlich sein. :-)
1 Verlasse dein Drama und werde BeobachterIn deiner selbst und deines Lebens
Seit vielen Jahren mache ich systemische (Familien-, Berufs-, innere Team-, Archetypen- und Seelen-) Aufstellungen für mich selbst und mit und für meine Kundinnen. Daher weiß ich die unfassbare Kraft des Positionswechsels zu schätzen - gedanklich und physisch. Deshalb
meine Übungsidee für dich - Der einfache wie wirkungsvolle Spurwechsel:
Stelle dich mitten in einen Raum oder an einen Platz in der Natur und stelle dir vor, dass der Platz, den du einnimmst, die Energie deines jetzigen Ichs und Seins mit deiner Wut, mit deiner Trauer, mit deinem nicht verzeihen Können repräsentiert. Mit deiner Idee, du seist ausschließlich Opfer und der Auslöser deiner heftigen Emotionen sei ausschließlich Täter.
Nun nimm z.B. einen Stein, ein Blatt oder ein anderes Symbol deiner Wahl für deine Selbstverantwortung und Selbstliebe zur Hand und führe es an dein Herz. Tue dies in dem Gewahrsein, dass du jetzt in deine volle gestalterische Schöpferkraft gehst - dir selbst zuliebe.
Spüre in dich hinein, ob und was sich in deinem Körper, in deinem Geist, in deinem Energiefeld verändert.
Dann mache einen oder mehrere bewusste Schritte in eine Richtung, die dir stimmig erscheint, bis du einen guten neuen Platz gefunden hast. Einen Platz der dir die Möglichkeit gibt, dich wie eine liebevolle BeobachterIn deiner Selbst und des Geschehenen zu empfinden. Du bist nun nicht mehr "Opfer" sondern kraftvolle BeobachterIn. Der "Täter" ist nun nicht mehr "Täter" sondern Auslöser deiner Emotionen und Lehrmeister auf deinem Weg durchs Leben. Vielleicht auch ein echt widerlicher "Arschengel". Aber einer, an dem du wächst. ;-)
Nimm dir dafür Zeit und prüfe ruhig mehrere neue "Standorte" bis du den für dich richtigen gefunden hast. Vielleicht möchtest du auch in Bewegung bleiben und noch gar keinen neuen Platz einnehmen. Das ist in Ordnung.
Begehe deinen Spurwechsel unbedingt in der Absicht / mit der Intention, aus deinem bisherigen Drama auszusteigen und bewusst in eine für Frieden und Verzeihen offene Haltung zu finden. In der Absicht, die Spur zu wechseln und ganz deiner Kraft zu folgen. Offen zu sein für Erkenntnisse, die dir die vergangene, unerlöste Situation zu schenken vermag. Offen zu sein für das innere Wachstum und die Selbstbefreiung, die sich mit dem Spurwechsel ergibt.
Spüre wieder in dich hinein, ob und was sich in deinem Körper, in deinem Geist, in deinem Energiefeld verändert.
Dann löse dein kleines Ritual auf die für dich stimmige Art und Weise auf. Z.B. in dem du einige bewusste und tiefe Atemzüge nimmst, dich streckst, dich reckst und ein wenig in deinem Raum oder an dem Ort, den du für den Spurwechsel gewählt hast, herumläufst.
Beobachte dich in den kommenden Stunden, Tagen und Wochen, was sich möglicherweise bereits durch diese kleine und unspektakuläre Übung verändert.
2 Aus dem Geschehenen lernen und daran wachsen
Ich durfte die wundervolle Erfahrung machen, dass ich an jeder Situation wachsen kann. Dass alles, was in meinem Leben geschieht, eine Einladung zu Selbstreflexion und einer möglichen Kurskorrektur ist, um dem Sehnen meiner Seele gerecht zu werden, um meinem Leben die Richtung zu geben, die auf Seelenebene für mich vorgesehen ist.
Deshalb haben sich die folgenden Fragen für mich als besonders hilfreich erwiesen, um aus aufwühlenden Situationen zu lernen und meinem inneren Frieden näher zu kommen:
- An welcher Stelle spiegelt mir der „Täter“ / Auslöser meiner unversöhnlichen Haltung möglicherweise mein eigenes Verhalten mir selbst gegenüber?
- Was hat mir der „Täter“ / Auslöser oder die „Tat“ bewusst gemacht?
- Was ist aus der Situation an Positivem erwachsen?
- Welche persönliche Stärke habe ich durch das Geschehene ausbilden können?
- Warum war es mir in dieser Situation nicht möglich anders zu handeln, z.B. mich zu behaupten oder zu wehren?
- Wie möchte ich mich neu erleben und was brauche ich, um künftig anders handeln zu können?
Und wenn es darum geht, mir selbst zu verzeihen (z.B. meine Unversöhnlichkeit, einen "Fehler" oder ein Verhalten, das beim anderen Verletzung und Unversöhnlichkeit ausgelöst hat), dann sind diese Fragen sehr hilfreich:
- Was hat mich zu meiner „Tat“ / meinem Handeln verleitet?
- Warum habe ich so gehandelt?
- Was ist aus der Situation an Positivem erwachsen?
- Welche persönliche Stärke habe ich durch die "Tat" ausbilden können?
- Warum war es mir in dieser Situation nicht möglich anders zu handeln?
- Was brauche ich, um künftig anders handeln zu können?
3 Finde in ein Gefühl von Dankbarkeit für ALLES Geschehene
Vielleicht ist in dir bereits ein Gefühl von Dankbarkeit entstanden, als du dich mit den obigen Fragen befasst hast? Wenn nicht, dann bewege in dir, wofür du dankbar sein kannst.
Eine wie ich finde ganz wundervolle Anregung, wofür wir auch in den vertracktesten Situationen dankbar sein können, liefert uns folgendes Zitat von Paulo Coelho:
Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben.
Sie haben meine Fantasie beflügelt.
Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten.
Sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.
Ich danke allen, die mich belogen haben.
Sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.
Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben.
Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.
Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben.
Sie haben meinen Trotz geschürt.
Ich danke allen, die mich verlassen haben.
Sie haben mir Raum für Neues gegeben.
Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben.
Sie haben mich erwachsen werden lassen.
Ich danke allen, die mich verletzt haben.
Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.
Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben.
Sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten.
Ich danke allen, die mich verwirrt haben.
Sie haben mir meinen Standpunkt klargemacht.
Vor allem aber danke ich all denen, die mich lieben, so wie ich bin.
Sie geben mir die Kraft zum Leben!
Danke
4 Entfalte dein Mitgefühl für dich selbst und für andere
Für mich hat sich stets ein tiefer innerer Frieden eingestellt, wenn ich mir bewusst gemacht habe, dass ich (und vermutlich auch der Andere, es sei denn er hätte aus grober böser Absicht gehandelt, was mir persönlich glücklicherweise noch nie geschehen ist) in der so prägenden Situation nicht anders zu handeln wussten. Dass ich jetzt als eine ältere und reifere Person anders handeln kann und anders auf mein früheres Ich blicken kann. Doch damals habe ich einfach nicht anders zu handeln vermocht. Punkt.
Basierend auf dieser Erkenntnis ist mir diese kleine Meditation sehr dienlich gewesen und deshalb möchte ich sie mit dir teilen:
Begib dich z.B. mittels einer Atemübung in einen entspannten, meditativen Zustand und dann wende dich dir selbst liebevoll zu.
Du bist eingeladen mit jeder Faser deines Seins zu spüren, dass du ein Mensch bist, der geliebt sein will, der sich verstanden fühlen möchte, der sich nach Harmonie, Frieden und Glück sehnt, der frei und gesund sein möchte. Lasse auf diese Weise ein tiefes Mitgefühl mit dir selbst in dir wachsen.
Öffne dich der Erinnerung an deine Verbindung zur Urliebe und zur Quelle allen Seins. An deine innere absolute Sicherheit, dass du geliebt bist, dass du immer verstanden bist, dass dein Ursprung immer Harmonie, Frieden und Glück ist, dass du in deiner Essenz immer frei und gesund bist. - Wie jedes Wesen. Denn wir alle sind Teil der einen großen Urliebe und Quelle allen Seins.
Und stelle dir auch den Menschen vor, mit dem du im Konflikt warst oder bist. Und öffne dich mit jeder Faser deines Seins dem Empfinden, dass auch dieser Mensch geliebt sein will, sich verstanden fühlen möchte, sich nach Harmonie, Frieden und Glück sehnt, frei und gesund sein möchte – so wie du! Lasse tiefes Mitgefühl mit diesem Menschen in dir wachsen, indem du erkennst, dass ihr in eurer Essenz gleich seid und dass die Urliebe und Quelle allen Seins euch beide gleichermaßen durchströmt, auch wenn ihr das vergessen haben mögt.
Du bist eingeladen, noch eine Weile in dem Urlicht und der Urliebe zu baden, das Mitgefühl mit dir selbst und der anderen Person zu spüren und aufzusaugen.
Dann sage dir selbst zur Bekräftigung ruhig mehrmals folgende Worte:
„Ich bin rein und unschuldig. Du (mein Sparringspartner in diesem Prozess) bist reiner Geist und frei von dem, was ich auf dich projiziert habe.“ und spüre der Wirkung dieses Satzes eine Weile nach.
Genieße noch eine Zeit land dein Bad in der Urliebe und dem Urlicht und spüre nach, ob und was sich durch diese Meditation möglicherweise verändert.
Kehre in deinem Tempo ins Hier und Jetzt zurück, atme einige Atemzüge tief ein und aus, öffne deine Augen, strecke und recke dich. Willkommen zurück! :-)
Was bewegt dich?
Ich bin sehr gespannt zu erfahren, wie Unversöhnlichkeiten dein Leben mitgeprägt haben oder wie dir Verzeihen und Vergeben gelingt und was du möglicherweise nicht verzeihen kannst.
Schreib mir gern in den Kommentaren, was dich zu diesem Thema bewegt und interessiert. Das ist nicht nur mir Inspiration für weitere Artikel, sondern auch anderen LeserInnen Unterstützung.
Alles Liebe, lass dein Licht leuchten!
Deine Inga
Kommentar schreiben
Monika Völkl (Sonntag, 16 August 2020 08:58)
Liebe Inga,
ganz lieben Dank für die wundervollen 4 Übungen. Auch wenn ich mich schon viel mit dem Verzeihen beschäftigt und vieles gelöst habe - es kommen doch immer wieder Situationen, bei denen ich alten Groll spüre. Ist wie eine Zwiebel - Schicht für Schicht darf gelöst werden.
Und die Beobachterposition einzunehmen, ist gerade eine Lieblingsübung von mir. Gefühle, Gedanken, Empfindungen etc. einfach annehmen, spüren - mich aber nicht damit identifizieren, nicht ins Drama gehen.
Und die Entschleunigung in diesem Jahr erlebe ich zu 100% - und das finde ich sehr sehr angenehm. Weniger planen - mehr SEIN.
Alles Liebe für Dich und gute Besserung.
Inga Dalhoff (Montag, 17 August 2020 11:20)
Liebe Monika,
danke dir für deinen wundervollen Kommentar! Ja, manche Dinge lassen sich ganz schnell und andere gemächlich nach dem Zwiebelprinzip verabschieden - das ist bei mir auch so. :-)
Hab eine wundervolle, entschleunigte Zeit!
Alles Liebe, deine Inga