Die neue Freiheit und der Abschied von Müssen und Sollen
Als Hochsensible habe ich immer meinen ureigenen Lebens- und Arbeitsrhythmus gehabt. Und ich habe gut daran getan, ihm zu folgen. Nur so konnte ich das "leisten", was beruflich oder privat von mir erwartet wurde (bzw. was ich von mir selbst erwartete ;-)).
Dieses "dem eigenen Rhythmus Folgen, um etwas zu leisten oder um Teil einer Gemeinschaft zu sein" hat sich inzwischen fast vollständig aufgelöst. Genauso auch innere Antreiber, die sich mir durch Gefühle und Gedanken des Müssens und Sollens zeigen. "Um zu", "Müssen" und "Sollen" wichen und weichen der bedingungslosen inneren Erlaubnis und Selbstverständlichkeit der eigenen Bedürfnisse und dem neugierigen, freudigen Folgen des eigenen Rhythmus'.
Damit entfaltete und entfaltet sich eine völlig neue Lebensqualität voller Leichtigkeit, Freude und einer besonderen Freiheit und förderlichen Synchronizität. Die Dinge fügen sich - leicht, wie von selbst.
Das Geschenk der Entschleunigung: Das Sein im Moment
Und so gleite ich derzeit durch meine Tage, folge den Impulsen des Moments, bin den ganzen Tag im Krautgarten, im Wald, mit dem Rad unterwegs oder sitze auch schon einmal antriebslos auf der Couch herum, bis mich alle paar Tage nachmittags oder abends ein Impuls für einen Artikel, ein Video oder einen Newsletter übermannt. Das Lampenfieber vor Web-Seminaren oder die innere Anspannung vor Beratungen ist einer großen Gelassenheit und Freude gewichen. Das Wirken mit meinen KundInnen fügt sich nahtlos in den Reigen der Freude ein.
Mein ganzes Leben hat sich entschleunigt, durchzogen von Momenten der Stille und des AllEinsSeins mit mir - Coronabedingt und auch, weil mein Vater verstorben ist. Aber meinem Empfinden nach vor allen Dingen, weil ich mich kosmisch oder energetisch in dieser Hinsicht kraftvoll unterstützt fühle.
Verwundert schaue ich auf mein Leben, das so beschaulich geworden ist, ohne jede Hektik und Aufregung auskommt, das es mir so leicht macht, einfach nur zu sein. Das ist herrlich und auch verwirrend für meinen Verstand, der sich fragt, wo das vertraute Pritzeln, die motivierende Anspannung, das nährende Tun geblieben sind. Der sich wundert, dass alles so leicht, entspannt und dabei auch noch produktiv fließen kann.
Manchmal, wenn mich mein Verstand oder der Sog des Umfelds lockt in alte Gewohnheiten zu verfallen, stockt der Flow. Und zwar umgehend und heftig. Plötzlich geht nichts mehr voran. Die Technik streikt. Es wird beschwerlich und anstrengend. Ich bin einszweifix überreizt, genervt, entnervt. Ein Korrektiv, das mich immer wieder ins genussvolle Sein, in die Langsamkeit und das Nichtstun zurückführt.
Darf es mir so gut gehen?
Nicht immer fällt es mir leicht, mich in dieser Langsamkeit, Bedächtigkeit und Anspruchslosigkeit an mein Tun einzurichten. "Darf es mir so gut gehen?" frage ich mich. "Darf ich es mir so gemütlich einrichten, wenn andere gerade so hart arbeiten, so sehr kämpfen in ihrem Leben?" "Ja!" sagt mein Herz. "Denn dieser Flow, dieses Sein im Moment, dieses Handeln aus der Stimmigkeit und Freude heraus, das ist (d)ein natürlicher Zustand." erklärt es. "Jetzt gerade ist es wichtig für dich, nicht zu viel zu tun, denn es arbeitet in deinem Inneren." beruhigt es mich. "Gib dich dem hin." fordert es mich ein ums andere mal auf.
Das ist in der Tat unvertraut. Ich kannte diese vollkommene Ausrichtung auf die Stimmigkeit und auf den Moment nur in kleinen Dosierungen. Nun nimmt es mein ganzes Leben ein, dieses Sein. Wo die Reise wohl hin geht?
Vom Warten, der großen Sehnsucht und dem großen Traum
In all dem schwingt auch eine Qualität von "Warten" und eine gewisse innere Unruhe mit. Ich erlebe mich zwar bereits mein Leben lang als wartend. Wartend auf einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel, auf ein wirkliches Ankommen in mir und in einer kollektiven, liebevollen Verbundenheit. Doch derzeit wird das Warten nahezu unerträglich. Ungeduld, Unruhe und Gereiztheit nehmen trotz aller Geschenke des Lebens zu und erfordern Ausgleich.
Und so warte ich auf etwas, von dem nur meine Seele erahnt, was es in all seiner Größe und Vollkommenheit sein könnte. Auf etwas, das sich noch nicht vollends enthüllt - auch weil es etwas ist, das wir alle miteinander gestalten und erschaffen. Eine jedE in sich, wir alle in uns und damit im Außen.
Doch eines weiß ich mit aller Gewissheit: Dass ich gemeinsam mit vielen, vielen anderen Seelen auf etwas unglaublich Schönes, Nährendes warte. Auf etwas, für das ich keine Worte habe. Aber eine Ahnung in Form von Empfindungen und Farben, die mir die Tränen der Sehnsucht in die Augen treiben. Auf etwas, von dem ich nie und nimmer zu träumen aufhören werde.
Denn nach vielen Jahren des inneren Aufräumens und Wachsens, scheint das nun eine meiner wichtigsten Aufgaben zu sein: Meinen verschwommenen Traum von Verbundenheit und Harmonie, von GanzSein, Erblühen, Erwachen und einem wahrhaftigen Miteinander zu träumen. Meine Empfindungen und Farben in diese Träume hineinzuweben. Mich mit Menschen, Natur und Lichtwesen zu verweben, die einen ähnlichen Traum träumen. Das Ersehnte auf diese Weise zu erschaffen.
Und so fühle ich mich ungeduldig und neugierig, wartend und sehnsüchtig und auch freudig. Alles gleichzeitig.
Das Alte greift nicht mehr, das Neue ist noch nicht vollends da, schickt aber seine Vorboten. Und die sind merkwürdig vertraut. Als würde ich nun endlich Schritt für Schritt heimkehren - nach unendlich langer Zeit.
Ich bin sehr gespannt zu lesen, wie es dir in dieser Zeit geht. Denn einE JedeR von uns geht meinem Empfinden nach gerade ihren und seinen ureigenen Weg im ureigenen Tempo.
Neugierige Grüße und alles Liebe,
deine Inga
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Marianne (Sonntag, 20 Oktober 2024 13:48)
Hallo Inga, da bin ich wieder, ich bin sehr froh über diesen Blog,da finde ich mich total wieder und finde endlich eine ausführliche und ausreichende Antwort auf meine Fragen. Vielen lieben Dank und Grüße von Marianne
Inga Dalhoff (Montag, 21 Oktober 2024 08:22)
Liebe Marianne,
wie schön, dass du dich auch in diesem Artikel wiederfindest. :-)
Danke für dein Feedback!
Alles Liebe, deine Inga